Nachbericht zur Sitzung vom 12.12.2018

Großer Erfolg für die Bürgerliste:

Die derzeit herrschende Großpartei stellt einen in der Intention fast deckungsgleichen Antrag auf Erlassung einer Bausperre. "Zur Sicherung des strukturellen Charakters beabsichtigt die Marktgemeinde Perchtoldsdorf nun auch den ausgewiesenen Bauland-Wohngebietsbereich zu überdenken (...) Die zeitgemäße Anpassung des Flächenwidmungsplanes in Hinblick auf die tatsächliche und mögliche Nutzung hat in verstärktem Maß eindeutig einen Untersuchungs- und Regulierungsbedarf in raumplanerischer Hinsicht für diesen Bereich ergeben."

 

Weitere, leider kostspielige Tagesordnungspunkte:

Es werden Kredite aufgenommen, Projekte angeleiert, obwohl die Gebarungseinschau die finanzielle Lage der Gemeinde Perchtoldsdorf als angespannt bezeichnet und keinen finanziellen Freiraum für neue Vorhaben sieht.

Personalkosten: Satte Steigerung um über 10%, das sind Mehrkosten von € 800.000,--!

Homepage: 2019 sind für die Redaktion € 50.000,-- angesetzt - in den Folgejahren findet sich eine Null – wie geht das?

Sonstige Subventionenvervierfachen sich 2019 – wofür? Woher kommt das Geld?

Open-Air-Veranstaltungen am Paul-Katzberger-Platz: Ausgaben 14mal so hoch wie Einnahmen.

 

Betreutes Wohnen - Baurechtsvertrag mit vielen Fragen:

Was bedeutet, die Baurechtsnehmerin "verpflichtet sich (...) ein Gebäude mit einer möglichst großen Anzahl von Wohnungen (...) zu errichten"? - Ein Konzept fehlt!

Was ist, wenn die Baurechtsnehmerin den Vertrag nicht erfüllt? Den Termin nicht einhält? - Es fehlen Sanktionen.

Wer kontrolliert, ob das Bauwerk ins Ortsbild passt? Wer kümmert sich um die Gutachten für Lärmschutz, Umwelt? Um ein Verkehrskonzept? Um die Information der AnrainerInnen? Wann werden diese vorgelegt? Wie schaut es aus mit Haftungen?

Wer kontrolliert, dass die Baurechtsnehmerin "das Baurecht tatsächlich nur mit Pfandrechten für Darlehen, die für die Errichtung des Bauvorhabens und die weitere Instandhaltung der Baulichkeiten erforderlich sind, belastet"?

Wenn die Baurechtsgeberin - also Perchtoldsdorf, also wir - nach Erlöschen des Baurechts von der Baurechtsnehmerin "alle Rechte und Verpflichtungen" übernimmt - woher wissen wir, was uns da zB an Haftungen droht? Gibt es hier eine laufende Einschau? Prüfung? Von wem?

 

Und ganz kritisch sehen wir den Punkt XII/3 - Haftung der Baurechtsgebering (das ist also wieder Perchtoldsdorf, sind also wir): Hier wird von der Baurechtsgeberin erklärt, dass sich auf der Liegenschaft möglicherweise Altlasten oder Verunreinigungen befinden, die den Abbruch verteuern könnten; eine Schätzung geht von Kosten in der Höhe von € 50.000 bis 60.000,-- aus. "Darüber hinaus gehende Mehrkosten hat die Baurechtsgeberin (also die Gemeinde, also wir) zu tragen." Sind wir uns sicher, dass sich da nicht mehr anfindet? - BGM Martin Schuster antwortete mit Ja. Wollen wir hoffen, dass da nicht wieder - wie schon beim Umbau des Gemeindeamts - Hohlräume unerwartet auftauchen. 

 

Ein echtes Highlight auch ist der Tagesordnungspunkt 22 – die Adaptierung des Hyrtlhauses (zur umfangreichen Vorgeschichte weiter unten): Die Perchtoldsdorfer Bürgerliste hat von Beginn an das Prestige-Projekt im Bauland Kerngebiet scharf kritisiert: kein Konzept, keine Strategie, kein Businessplan – nicht einmal ein Plan B. Auch andere Oppositionsparteien teilten diese Ansicht. Wir haben ua auch die Kosteneinschätzung bemängelt – und wie die Sachverhaltsdarstellung im Antrag zeigt, hatten wir wieder einmal ein gutes Gespür:

 

Allen Ernstes wird hier argumentiert, dass man – um Mehrkosten zu vermeiden – ein Unternehmen beauftragt hat, was zu Mehrkosten geführt hat. Auch das klarerweise notwendige Lärmgutachten verursacht Nebengeräusche – nämlich Mehrkosten. Eine Photovoltaikanlage schützt die Umwelt – aber uns nicht vorMehrkosten. Dass sich eine geplante Dachkonstruktion im Zuge der Vorprüfung durch die zuständige Behörde rechtlich als nicht realisierbar erweist, konstruiert – wäre hätte das gedacht – Mehrkosten. Das ist keine politische Zuspitzung, sondern findet sich tatsächlich so im öffentlich einsehbaren Antrag!

 

In Summe haben wir hier bereits jetzt Mehrkosten in der Höhe von € 50.406,--!

 

Zur Vorgeschichte: Hyrtlhaus - Sanierung durch Heilung?

In der Gemeinderatssitzung vom 21.03.2018 wurde ein Sanierungs- und Raumnutzungskonzept für das Jugendzentrum Hyrtlhaus vorgestellt. Grundsätzlich begrüßen wir die Idee eines Jugendtreffs. Auch richtig ist, dass die Räumlichkeiten des Hyrtlhauses einer Sanierung dringend bedürfen.

 

Aber wie hier vorgegangen wird, lässt erkennen, warum wir nur knapp über 50 Punkte in der Transparenzwertung erreicht haben: Vorgelegt wurde lediglich eine mehrseitige Powerpoint-Präsentation, die wohl eher als Marketing-Gag denn als Projektunterlage durchgehen kann.

 

Eine valide Kostenschätzung aber fehlt; lediglich ein Rahmen von € 250.000,-- wird grob skizziert. Kosten für die Betreibung des angedachten Kaffeehauses, für die Betreuung der Jugendlichen finden sich ebenfalls nicht. Die im Antrag zitierte Jugendstudie wurde nicht beigelegt. Keine Spur von einem Businessplan, gewerberechtlichen Abklärungen. Die Miete soll bei € 10,-- pro Quadratmeter liegen. Wir hoffen, der Gemeinderat bekommt die Endversion des Mietvertrages zu sehen.

 

 Von einem Konzept ist das Papierl somit meilenweit entfernt und als Entscheidungsgrundlage daher völlig untauglich. Bereits dieses Vorprojekt kostet uns knapp € 10.000,--; wer das bestellt hat, bleibt unklar. Die „künstlerische Oberleitung“ schlug sich mit € 4.500,-- zu Buche. Wenig beruhigt uns auch die Tatsache, dass es keine Begleitung durch den Prüfungsausschuss gibt.

 

Übrigens: Da der Betreiber von Kaffeehaus und Jugendzentrum somit der Nutznießer der Renovierung offenbar keinen Beitrag leisten muss, stellt sich die Frage, wie man die oben erwähnten € 250.000,-- aufstellen will. Dafür hat man schon eine praktische Lösung parat: es werden weitere Gemeindewohnungen verkauft. Mein persönliches Highlight in dieser Angelegenheit sind zwei Folien. Das Deckblatt zeigt, dass hier „architekturundheilung“ am Werk ist (aha …). Auf einer weiteren Folie wird die Errungenschaft eines Fensters abgefeiert, denn so kann man von innen auf die Burg sehen, zeitgleich aber von außen in das Cafe blicken (sic!).

 

Und noch etwas Interessantes: erwähnter Auftritt wird von einer - so die gewählte Eigenbezeichnung - "Wohlfühlarchitektin" betrieben. Hier ist festzuhalten, dass die Berufsbezeichnung „Architekt(in)“ in Österreich und Deutschland geschützt ist und nur von Mitgliedern der Architektenkammern – in Österreich nach der Ziviltechniker(innen)prüfung und anschließender Vereidigung – getragen werden darf.

 

Dem Autor dieser Zeilen kommt es vor, dass es hierorts mitunter ausreicht, einen Wunsch zu deponieren. Irgendwie wird dann schon noch ein sinnvolles Projekt daraus werden. Und am Ende wird schon irgendwer zahlen. Bloß: Aus Sorglosigkeit und Ahnungslosigkeit wird kein Konzept, sondern ein teurer Spaß, den die PerchtoldsdorferInnen bezahlen dürfen.

 

Wir werden ein Auge auf die Art und Weise der Angebotseinholung und Auftrags-vergabe haben und hegen die Hoffnung, dass sich nicht unerwartet Hohlräume anfinden (so wie beim Gemeindeamt geschehen) und die Kosten explodieren.

 

Erst im Mai 2018 wurde uns die erwähnte Jugendstudie zur Verfügung gestellt. Einmal mehr fällt auf, dass die GemeinderätInnen erst Ihre Entscheidungen fällen sollen, Wochen später erst aber die Unterlagen dazu bekommen. Daher haben wir vollkommen zurecht nur 53 von 100 Transparenzpunkten bekommen.

 

Für die Studie wurden im Juli 2017 online 219 jugendliche PerchtoldsdorferInnen zwischen 10 und 19 befragt. Ergebnis: Man kennt das Hyrtl-Haus zwar irgendwie doch, will aber nicht dort hin gehen. Örtliche Sportangebote sind sehr beliebt; an einem Jugendtreff schätzt man Gratis-Wlan und günstige Snacks und Getränke; pädagogische Angebote sind deutlich weniger interessant; man trifft sich gerne zu Hause, bei Freunden, beim Heurigen; Jugendzentren werden von 66 % der Befragten dagegen nie genutzt.

 

Übrigens: Was nicht abgefragt wurde, für das Kaffeehaus-Vorhaben aber wirtschaftlich höchst notwendig gewesen wäre, war das Thema Gastronomie-Angebot, was also essen 10- bis 19-Jährige gerne. Warum das wichtig gewesen wäre? Nun ja, die Betreiber planen vegane Gerichte anzubieten. Die nötigen € 100.000,-- will man über Crowd-Funding aufstellen (bis dato hat man 38% der Summe aufgetrieben).

 

Da stellen sich natürlich viele Fragen - oder eigentlich nur eine einzige: Wie passt das vorgestellte Konzept dazu? Wenn eine deutliche Mehrheit Jugendzentren nie nutzt, pädagogische Angebote gegen Gratis-Wlan mehr als nur abstinkt, was soll dann ein Lern-Cafe? Wie soll sich das Kaffeehaus, das Projekt rechnen? Bei Rückfrage war zu erfahren, dass es Förderungen der Gemeinde gibt. Und wenn sich das nicht ausgeht? Wo ist der Plan B? Die endlich vorgelegte Studie untermauert unsere Skepsis betreffend Sinnhaftigkeit, sowohl in finanzieller als auch - und dies ganz besonders - in sozialer Hinsicht.

 

Zusammengefasst: Die herrschende Partei gibt für eine Fülle von nicht durchdachten, daher ständig nachbesserungsbedürftigen "Projekten" Geld aus, das nicht da ist, macht auf den Rücken unserer Kinder Schulden.

 

Wir bleiben für Sie dran! Für Anregungen und Anfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bleiben Sie uns gewogen, bleiben Sie kritisch, nachdenklich, offen, informiert. Gemeinsam für ein liebens- und lebenswertes Perchtoldsdorf!